Kurzbeschreibung
Nie wird Helga den Moment vergessen, als ihre Mutter sie verließ, sie war erst vier Jahre alt. Jahrzehnte später erfährt sie die Wahrheit: Ihre Mutter ging für immer von Mann und Kindern fort, um KZ-Aufseherin zu werden. Da schwört sich die Tochter, ihre Mutter endgültig zu vergessen. Dann aber kommt ein Anruf aus Wien, die Mutter lebt. Nun kann Helga nicht anders, sie muß mit ihr sprechen, ein letztes Mal … Helga Schneider beleuchtet in ihrem ergreifenden Protokoll einer betrogenen Tochterliebe eine dramatische Zeit aus ganz neuer Perspektive.
»Eine wahre Geschichte, unsentimental erzählt, die einem Zeile für Zeile das Herz zusammenschnürt.« Brigitte
Über den Autor
Helga Schneider, geboren 1937 in Steinberg, heute Polen, verbrachte ihre Kindheit in Berlin. Als ihre Mutter 1941 die Familie verließ, um KZ-Aufseherin zu werden, wuchs Helga Schneider erst bei ihrer Stiefmutter, dann in Internaten auf. Seit 1963 lebt sie als freie Schriftstellerin in Bologna. Sie ist Mutter eines 35jährigen Sohnes.
Meine Meinung
Auf Seite 13 befindet sich ein Auszug aus der eidesstattlichen Erklärung von Rudolf Höß, Mitglied der Waffen SS und vom 1. Mai 1940 bis zum 1. Dezember 1943 Kommandant des KZ Auschwitz.
Beim Lesen dieses Berichtes ist mir fast die Luft weggeblieben.
Er beschreibt die Massenvernichtungen duch Vergasung, dass größere Gaskammern gebaut wurden, um die Vernichtungen „effizienter“ zu gestalten. Es ist weiter zu lesen „Kinder im zarten Alter wurden unterschiedslos vernichtet, da sie auf Grund ihrer Jugend unfähig waren zu arbeiten“.
Ebenso erschüttert war ich, als Helga Schneiders Mutter bei einem Treffen 1971 ihrer Tochter „Judengold“ überlassen wollte- für schlechte Zeiten. Ohne Reue scheint diese Frau alt geworden zu sein, immer noch stolz auf die grausigen Taten und die „Endlösung“.
Die Mutter, die in meinen Augen niemals eine war, will Helga dazu bringen, ihre alte Uniform anzuprobieren, was mich fassungslos und wütend gemacht hat.
Nicht schlimm genug, dass diese Frau ihre Familie im Stich gelassen hat, sie muss auch noch dem Führer und der Partei dienen und blinden Gehorsam ausüben- eiskalt und ohne Mitgefühl für die Menschen, an denen diese schrecklichen Verbrechen begangen werden.
Nicht ein Funke Mitleid ist in dieser Frau gewesen, weder mit Kindern noch mit Erwachsenen. Frauen werden von ihr als Judenhuren betitelt. Und da aus Judenkindern ja Judenerwachsene geworden wären, mussten auch diese getötet werden, um die Rasse zu vernichten, erklärt sie.
So viel Hass hat in mir eine abgrundtiefe Abscheu gegen dieses Miststück aufkommen lassen.
Nach dem Lesen habe ich bei Recherchen folgende Aussage zu diesem Buch gefunden:
„Schade, durch Fehler und Ungenauigkeiten verliert der Roman etwas an Wahrhaftigkeit.“
(Quelle:zdf.de)
Ich kann leider nicht beurteilen, welche Fehler das sind. Ich finde das Buch aber gut geschrieben und das Thema ist erschütternd und wahr genug.
Was in o.g. Text dann auch wieder bestätigt wird („Die Stärke des Romans aber – und deswegen ist er unbedingt lesenswert – liegt in seiner Emotionalität.“)
Mich hat Helga Schneider mit „Lass mich gehen“ sehr betroffen gemacht, ich war wütend und traurig und fassungslos.
Dass die Autorin immer noch die Hoffnung hatte, sie könne eine Erklärung dafür bekommen, warum ihre Mutter sie im Stich gelassen hat, ist aber doch nachvollziehbar. Ich habe die Erzählung wohl eher aus der Sicht betrachtet, an welchen schrecklichen Verbrechen sich die Mutter beteiligt hat, deshalb ist das emotionale, was die Mutter-Tochter-Beziehung angeht, wohl auf der Strecke geblieben. Mein erster Eindruck war: dieser Hexe würde ich niemals verzeihen und sie für immer aus meinem Leben verbannen, ihr das schlimmste wünschen, das man sich vorstellen kann.
Dass eine Tochter sich aber dennoch auch von solch einer Mutter wenigstens irgendetwas positives wünscht, sehe ich erst einige Zeit nachdem ich das Buch zu Ende gelesen habe.
Für alle, die sich für das Thema interessieren ist „Lass mich gehen“ m.E. absolut zu empfehlen.
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